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Not gegen nöter

Die Drittliga-Damen des MTV 1860 Altlandsberg besiegen die Vertretung des TSV 1860 Travemünde denkbar knapp und nicht wirklich glorreich mit 17:16 (11:10). Und das ist am Ende hoffentlich das einzige, das von diesem Kellerduell in Erinnerung bleiben wird.

Die erste Hälfte der Partie gestaltete sich dramatisch unattraktiv, die zweite dafür unattraktiv dramatisch. Sie war gerade sieben Minuten alt, als der Travemünder Hallensprecher nicht nur alle Lacher auf seiner Seite hatte, sondern auch den bisherigen wie den noch ausstehenden Verlauf des zweiten Durchgangs auf den Punkt brachte: „Hey, hey! Auf geht’s! Sechs Minuten ohne Tor!“ Unklar blieb lediglich, ob er seinen Ruf als Kritik oder als Ansporn verstanden wissen wollte, derart torlos weiter zu machen.

Die Akteurinnen beider Teams schienen es jedenfalls als Aufmunterung verstanden zu haben, mit Treffern weiter zu geizen. In den zweiten 30 Minuten gab es lediglich derer sechs, dafür aber auf beiden Seiten. „Beiden Mannschaften war die enorme nervliche Anspannung deutlich anzusehen“ fasste MTV-Coach Sebastian Grenz das zähe Procedere auf dem Feld zusammen und fügte hinzu: „Wer etwas anderes erwartet hat, war offensichtlich nie in einer vergleichbar unangenehmen sportlichen Situation.“

Tatsächlich erspart ein Blick auf die Tabelle die detaillierte Spielnalyse. Verlauf und magere Torausbeute der Partie erklären sich allein aufgrund der Tabellensituation beider 1860er. Sie wäre mit Sicherheit ganz anders verlaufen, befänden sich die Mädels beider Teams etwa in der Tabellenmitte. So aber benötigten alle dringend einen Sieg. Die Gastgeberinnen, um die Chance auf den 10. Tabellenplatz und damit auf die eventuelle Relegation zum Klassenerhalt zu wahren. Die Gästinnen, um sich doch noch auf den letzten Nichtabstiegsplatz zu hieven, allerdings nur bei einer gleichzeitigen Niederlage des TSV Wattenbek gegen den Tabellendritten SV Henstedt-Ulzburg.

Dementsprechend verkrampft gingen die Mannschaften ans Werk. Weil jeder Fehler der entscheidende sein konnte, jedes Gegentor das vernichtende, gab es von letzteren so wenig und waren erstere Legion. Dass am Ende die MTV-Damen das bessere Ende auf ihrer Seite hatten, lag an diesem Tag sicher daran, dass sie die Glücklicheren, nicht unbedingt die Besseren waren. „Das mag sein“, räumt auch Teammanager Wolfram Eschenbach ein, fügt aber hinzu: „Dass Glück ist bekanntlich mit den Tüchtigen. Ohne beispielsweise die zwei, drei 150-prozentigen, die unsere Torhüterin Yania Silva Alfonso gerade noch so vor der Linie hat kratzen können oder ohne Marlene Steffen, die kurz vor Schluss die Verantwortung übernommen und unseren Siegtreffer mit Macht ins Netz gedonnert hat, hätte auch alles Glück nichts geholfen.“

Der Altlandsberger Sieg also vielleicht ein wenig glücklich, aber deshalb um keinen Deut weniger bedeutsam. Wie bedeutsam sollte sich erst 30 Minuten nach Ende der Begegnung an der Küste erweisen. Denn die direkten Konkurrentinnen um den rettenden neunten Tabellenplatz, die Damen des TSV Wattenbek, haben die vorösterliche Sensation eines 27:27 Unentschieden gegen die Erstligareserve des Buxtehuder SV (der selbe BSV, der danach den FHC mit 33:22 aus der Brandenburghalle gefegt hat) an diesem Samstag mit ihrem 28:24 Sieg gegen den SV Henstedt-Ulzburg sogar noch getoppt.

„Hätten wir vor diesem Hintergrund in Travemünde nicht gewonnen“, ordnete MTV-Handballabteilungsleiter Thomas Klatt den Stand der Dinge ein, „wären unsere Chancen, der Relegation doch noch zu entkommen und uns auf den letzten Nichtabstiegsplatz zu hieven, mikroskopisch klein geworden. So ist die Möglichkeit noch nicht gänzlich außer Reichweite, auch wenn es nun erst Recht nicht ohne tätige Hilfe Wattenbeks gehen wird.“ Immerhin die zusätzliche Sorge nicht nur nach oben, sondern vorsichtshalber auch nach unter schauen zu müssen, ist dem MTV mit dem heutigen Spieltag genommen. Altlandsberg hat nämlich nicht nur das samstägliche Match, sondern auch den direkten Vergleich, nach dem die Tabelle abschließend berechnet wird, gegen Travemünde endgültig gewonnen. Der TSV kann also im für ihn besten Fall noch an Punkten mit dem MTV gleich, nicht mehr aber an ihm vorbei ziehen.

Das heißt, sollte es zur Relegation um den Klassenerhalt zwischen allen Tabellenzehnten der vier Drittligastaffeln kommen (ganz klar ist auch das noch nicht) , hätten sich die Grün-Weißen dafür endgültig qualifiziert. Mit dieser Situation hat der MTV immerhin Erfahrung und zwar höhst positive. Bereits am Ende der Spielzeit 2014/15, noch unter Trainer Fabian Lüdke und mit Sophie Lütke in den eigenen Reihen, konnte der Klassenerhalt erst im allerletzten Spiel, in der allerletzten Minute der Saison gesichert werden. „So überwältigend das Erlebnis damals am Ende auch gewesen sein mag“, gibt Wolfram Eschenbach zu Protokoll, „so ist dennoch niemand bei uns auf eine Wiederholung aus. Was immer wir tun können, um diese zu verhindern, werden wir tun.“

MTV:

Yania Silva Alfonso (Tor), Elia García Canabate (Tor), Tülay Bayram, Manja Berger, Josephine Dähne 1, Ann-Catrin Höbbel 1/1, Sophia Mattisseck, Bernadet Mudri, Christine Miniers, Martyna Rupp 6, Vanja Smiljanic 2, Marlene Steffen 1, Tina Stehlik, Lucyna Trczcak 6/1.

Foto: Michél Mölter

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