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Nichts Genaues weiß man nicht

Die Drittligadamen des MTV 1860 Altlandsberg unterliegen im Auswärtsspiel beim SC Alstertal-Langenhorn ebenso unglücklich wie unverdient mit 28:30 (12:18), weshalb die Lage an Dramatik nichts zu wünschen übriglässt.

In der 56. Spielminute stand die Altlandsberger Bank endgültig Kopf. Hochgereckte Hände, heftiger Applaus und frenetische Rufe feierten Christine Miniers vierten Treffer der Partie, denn er markierte vier Minuten vor Schluss sage und schreibe die 27:26 Führung für die Grün-Weißen. Es war der Höhepunkt einer wahnsinnigen Aufholjagd, auf die nach Ende den ersten 30 Minuten wohl niemand in der Sporthalle Tangstedter Landstraße hohe Summen zu wetten bereit gewesen wäre.

Durchgang eins hatte sich nämlich beunruhigend wie ein da capo des Spielverlaufs in der Vorwoche gegen Owschlag-Kropp-Tetenhusen angefühlt. Auch gegen den SC Alstertal-Langenhorn, oder in der Sprache der Einheimischen die „SCALA Giants“, fingen die Schützlinge von MTV-Coach Helmut „Enno“ Röder gut an, gingen gleich in Führung und verteidigten diese bis zum 7:6 in der 13. Minute. Aufmerksamen Beobachtern war aber bereits zu diesem Zeitpunkt nicht entgangen, dass die Hamburgerinnen, allen voran die wieselflinke Franziska Miegel auf der linken Außenbahn, zu schnell zu zu leichten Treffern kamen.

Die MTV-Damen hielten nämlich respektvoll Abstand und scheuten erkennbar den allzu heftigen Körperkontakt. Eine Strategie, die dem jungen SCALA-Team, das noch dazu – im krassen Gegensatz zu den Altlandsbergerinnen – mit voller Kapelle angetreten war, sehr entgegen kam. Die Hanseatinnen konnten gar nicht anders als ihre athletischen und Schnelligkeitsvorteile nutzen und über das 8:7 in der 13. Minute (wieder Franziska Miegel) die Führung an sich zu reißen und diese bis zum für die Brandenburgerinnen durchaus frustrierenden 18:12 zum Ende des ersten Durchgangs kontinuierlich auszubauen.

Helmut Röders Kabinenpredigt fiel dementsprechend kurz aber knackig aus: „Was immer ihr auch tut, ihr lasst sie nicht mehr ins Spiel kommen. Ihr stört sie beim Spielaufbau, ihr unterbindet das Abspiel, ihr verstellt ihre Laufwege und bevor sie werfen können, macht ihr sie fest.“ Seine Spielerinnen hatten verstanden und gingen die Partie nun nach dem Grundsatz hart aber herzlich an. Prompt war es an den Hamburgerinnen die Richtigkeit der alten Handballweisheit am eigenen Leib zu erleiden, wonach man die Bälle, die man selbst vorne nicht versenkt, hinten doppelt und dreifach eingeschenkt bekommt.

Tor um Tor holten die Grün-Weißen auf. Und mit jedem Treffer der Gästinnen wuchs deren Selbstbewusstsein ebenso wie die Verunsicherung auf Seiten der Gastgeberinnen. Maßgeblich verantwortlich für den Altlandsberger Sturmlauf: Josefine Dähne, mit acht Treffern nicht nur erfolgreichste MTV-Werferin, sondern der gesamten Partie. Annika Fleck (6 Tore), die mit einer hundertprozentigen Sieben-Meter-Quote bereits in der ersten Halbzeit dafür sorgte, dass der Abstand zu den Gegnerinnen nicht noch größer wurde. Und schließlich Josephin Keßler (5 Tore), Beatrice Zacharias (5 Tore) und die anfangs bereits erwähnte Christinie Miniers (4 Tore), die alle gemeinsam für die krankheitsbedingt pausierende Top-Scorerin der Liga, Altlandsbergs Ann-Catrin Höbbel, erfolgreich in die Bresche sprangen.

„Ich glaube, es war für alle wichtig unter Beweis zu stellen, dass bei uns nicht nur Ann-Catrin Höbbel werfen und treffen kann“, kommentierte der Altlandsberger Übungsleiter die Trefferausbeute seiner Damen nach dem Abpfiff. „Das wird das notwendige Zutrauen aller in die eigenen Fähigkeiten stärken und einiges an Verantwortung von Ann-Catrins Schultern in den zwei überlebenswichtigen Partien nehmen, in denen es für uns und den Verein um alles geht.“

Denn ganz am Ende versagte der Handballgott den tapfer kämpfenden Altlandsbergerinnen den ganz großen und durch und durch verdienten Erfolg, wozu leider auch drei, vier mindestens unglückliche Pfiffe zu Lasten des MTV beitrugen. Erst erhielt Josephine Dähne in der 56. Minute eine Zeitstrafe, dann in der 59. Minute Josephin Keßler. Während man beide geben kann, aber keine davon zwingend geben musste, gab es für ein Foul an Josephine Dähne, das dazu führte, dass sie humpelnd und mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Feld geführt werden musste, gerade mal einen Freiwurf. „Man verliert nie wegen der Schiedsrichter“, betonte MTV-Teamchef Georgios Tsapanos, früher selbst als Mann in schwarz in den Hallen der Republik unterwegs, „aber zwei Zwei-Minuten-Strafen gegen uns in der so genannten Crunch-Time beim Stand von 27:27 und keine gegen unsere Gegnerinnen, ein Sieben-Meter gegen und keiner für uns und eine zweiminütige Schlussphase, die wir in Unterzahl und ohne die beiden Josis bestreiten mussten, blieben natürlich nicht ohne Wirkung.“

So blieb der Altlandsberger Reisegruppe nichts anderes übrig als den angesichts des dramatischen Spielverlaufs überglücklichen SCALA-Ladies fair zu ihrem Heimsieg zu gratulieren. Für die MTV-Damen wiegt der abermalige Verlust zweier Punkte vor allem deshalb schwer, weil sich dadurch nach wie vor nicht sagen lässt, ob sie die Klasse noch werden halten können oder nicht, ob sie abermals in die Relegation, so es denn wieder eine geben sollte, müssen oder dürfen oder nicht. „Eine Situation, die jede vernünftige personelle Vorbereitung auf die nächste Saison fast unmöglich macht“, klagt Georgios Tsapanos sein Leid. „Wenn es ganz blöd läuft, müssen wir noch bis weit in den Mai warten, ehe wir Klarheit haben. Aber da Jammern bekanntlich noch nie geholfen hat, ziehen wir alles Positive aus unserem heutigen Auftritt in der zweiten Halbzeit und konzentrieren uns auf das nächste und letzte Heimspiel der Saison. Solange wir rechnerisch noch eine Chance haben, werden wir die Segel freiwillig nicht streichen.“

MTV:

Indra Genning (Tor), Jennifer Höft (Tor), Freya Wagner (Tor), Josephine Dähne 8, Annika Fleck 6/5, Josephin Keßler 5, Sophia Mattisseck, Christine Miniers 4, Viktoria Varkonyi, Anne Weier, Beatrice Zacharias 5.

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